Die Natur im Dienst des Werkes
Mensch und Natur: diese zwei großen Themen der Kunst bestimmen auch Alfred
Lehmanns Werk. Dabei kommt es in den verschiedenen Schaffensperioden immer
wieder zu Schwerpunktverschiebungen: Die Konzentration auf die Landschaft in
den frühen Jahren weicht Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre den so
genannten "Existenzbildern" mit ihren eigentümlich abstrakten
Figurengruppen.
Später – insbesondere im Zusammenhang mit Lehmanns Reisen in den Mittelmeerraum
– rückt verstärkt wieder die Landschaft in den Blickpunkt. Die Motive befinden
sich jetzt allerdings nicht mehr in der schwäbischen Heimat des Malers, sondern
in Frankreich, auf Mallorca, in Jugoslawien, auf den Kanaren und an anderen
Schauplätzen Südeuropas.
Innerhalb der Landschaftsbilder kommt den Waldbildern eine besondere Stellung
zu. Bei der Darstellung des Menschen bilden die lebendigen, ungeheuer
bewegungsreichen Revuetanzbilder aus den 50er Jahren einen spannenden Gegenpol
zu den meditativen Existenzbildern. Stillleben und Porträts spielen –
betrachtet man die Quantität – eine eher untergeordnete Rolle, verdienen jedoch
durch ihre Qualität alle Beachtung.
Aber Vorsicht! Wer über die Themen Alfred Lehmanns spricht, sollte eines nicht
vergessen: Lehmann war kein Naturalist. Deshalb gilt es, das eben Gesagte zu
relativieren: Selbstverständlich hat sich der Künstler mit den oben genannten
Themen beschäftigt – aber er hat sie vor allem dazu genutzt, sich mit anderen,
rein kunstspezifischen, quasi "primären" Problemen auseinanderzusetzen: mit
Farbe, Form, Komposition, aber auch mit der Rolle des Künstlers in der Welt.
Lehmann bildet die Natur nicht 1 : 1 ab, sondern schafft auf Leinwand und
Papier sein ureigenes künstlerisches, geistiges Universum ... und sagt dazu
selbst:
"(Der Künstler) stellt die Natur in den Dienst seines Werkes... Die Natur hat
keine Formensprache, die hat der Mensch. Er sucht Form, um auszudrücken, was
ihn bewegt im Anblick der Natur. Wie er die Fläche teilt und Gebilde setzt, die
Form, formalen Zusammenhang aufweisen, auch ganz ungegenständlich, das ist
Geistessache."